Der Audio-Boom hat längst auch die Zeitungsverlage erfasst: Titel wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" und das "Hamburger Abendblatt" haben bereits ein ansehnliches Podcast-Portfolio aufgebaut. Die Produktion von Podcasts bedeutet aus Sicht von Verlagen freilich einen zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Kosten, während sich das Werbegeschäft damit gerade erst entwickelt.
Die Medienhäuser NOZ Medien/mh:n Medien, Funke und Axel Springer haben daher ergänzend zum Genre Podcast die Text-toSpeech(TTS)-Technologie in den Blick genommen. Mit ihr lassen sich geschriebene Texte in kurzer Zeit in Hörbeiträge umwandeln. Die Verlage wollen mit ihrem vielfältigen Audio-Angebot auch neuere Geräte wie Smart Speaker bespielen und Situationen abdecken, in denen die Nutzer keine Artikel lesen können.
NOZ Medien/mh:n Medien, die norddeutsche Zeitungsgruppe um die "Neue Osnabrücker Zeitung", können beim Thema Audio in der deutschen Verlagsszene eine Vorreiterrolle für sich reklamieren. Schon seit 2019 beschäftigt die Gruppe sich in ihrem wichtigsten Digital-Entwicklungsprojekt damit.
"Audio-Inhalte werden im Netz immer stärker genutzt, während Text an Bedeutung verliert", prognostiziert Patrick Körting, Head of Audio bei NOZ Digital. "Als Medienhaus, das historisch bedingt in erster Linie Text produziert, müssen wir uns daher fragen, wie wir auf diesem Kanal mitspielen können."
Die Antwort der Verlagsgruppe auf diese Frage sieht, grob gesagt, so aus: Mit Hilfe von TTS produziert sie bereits jetzt große Mengen von Audiobeiträgen und integriert sie in ihre Produkte. In Zukunft will sie diese Inhalte auch zugeschnitten auf die jeweiligen individuellen Vorlieben und kombiniert mit Musik an die Hörer ausspielen.
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Das Audioprojekt bedeutet für NOZ Medien/mh:n Medien ein erhebliches Investitionsvorhaben: Zum Kernteam gehören acht Personen, hinzu kommen je nach Bedarf weitere Mitarbeiter. Die Gruppe hat an den Standorten Osnabrück, Hamburg, Flensburg und Schwerin Studios aufgebaut und sie entwickelt einen zentralen Hub, über den sie Inhalte vertont, hostet und über ihre eigenen und die externen Kanäle ausspielt. Diese Plattform will sie in Zukunft auch anderen Verlagen als White-Label-Lösung anbieten.
Pro Monat produziert die Verlagsgruppe laut Körting schon jetzt bis zu 35.000 Hörbeiträge - er vergleicht das mit dem Angebot von zweieinhalb Radiosendern. Podcasts sind ein Teil davon, aber nur ein kleiner. Für das Grundrauschen sorgt vielmehr die kostengünstige automatische Vertonung fast aller Zeitungsartikel mittels TTS, wobei die Osnabrücker die Dienste des Start-ups BotTalk nutzen. Eine dritte, kleine Content-Säule bilden Hörartikel: Pro Tag lassen Körting und Co. etwa ein Dutzend ausgewählte Beiträge von Profis einsprechen. Die Gruppe spielt diese Audio-Inhalte über ihre Websites, Apps und E-Paper-Ausgaben sowie über externe Plattformen bzw. Geräte aus. Selbst das Telefon ist ein relevanter Kanal: Tausende von Hörern lassen sich laut Körting zu weilen auf diesem Weg Nachrichten vorlesen.
Die pure Zahl an Beiträgen ist gewaltig, doch ein massentaugliches und zukunftsträchtiges Audioprodukt muss daraus erst noch werden. Derzeit können sich Digitalabonnenten in den Nachrichtenangeboten aller Zeitungstitel der Gruppe schon Artikel vorlesen lassen. In den News-Apps ist es überdies möglich, Playlists aus Beiträgen zusammenzustellen, die dann hintereinander abgespielt werden. Seit Weihnachten experimentieren die Osnabrücker zudem mit redaktionell kuratierten Playlists, zum Beispiel aus vertonten Wochenend-Newslettern.
In den kommenden Monaten soll eine Funktion hinzukommen, die Körting für einen "Gamechanger" hält: mittels künstlicher Intelligenz (KI) auf die Vorlieben der jeweiligen Nutzer zugeschnittene Playlists, die auf deren bisherigem Verhalten basieren. In weiteren Schritten will das Verlagshaus Musik integrieren und schließlich ein individualisiertes Programm aus lokalen News und Unterhaltung entwickeln.
Wie das "smarte On-Demand-Radio von morgen" die Nutzer abholen soll, warum für Nicolas Fromm, Digitalchef der Gruppe, das Thema "Routinen" so wichtig ist und wie man die Audiofunktionen populärer machen will.
Dazu: Wie Funke das Hamburger Abendblatt hörbar macht - und das Projekt Aravoices von Axel Springer.
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