Im gesellschaftlichen Miteinander gibt es viele Gelegenheiten, sich zu blamieren. Damit bei den Festspielen alles rundläuft, verrät Thomas Schäfer-Elmayer, was es zu beachten gilt.
Die Auftritte der Künstler sind die Voraussetzung, die Festspiele zu besuchen, die Atmosphäre der Grund, sie zu genießen. Menschen in den schönsten Kleidern besuchen die Stadt, die als traumhafte Kulisse fungiert. Die Kultur und die Musik tauchen Salzburg in seine einzigartige Stimmung. Und trotzdem gibt es bei so viel Festlichkeit auch unzählige Möglichkeiten, beim gesellschaftlichen Miteinander in Fettnäpfchen zu treten. Wer die inoffiziellen Regeln kennt, der kann den Tagen entspannt entgegenblicken und muss auch vor einer Opernpremiere nicht nervös sein. Thomas Schäfer-Elmayer ist Ansprechpartner Nummer eins, was die richtige Etikette bei Anlässen angeht. Wer sich an seine Regeln hält, kommt mit Sicherheit gut durch den Abend.
Beginnen wir ganz am Anfang. Man würde die Festspiele gern besuchen, leider fehlt der richtige Partner. Ein Mensch wird erst durch seine bessere Hälfte vollständig? Das mag das Motto vieler Beziehungsratgeber sein, genießen darf man aber auch allein. "Es ist durchaus in Ordnung, ohne Begleitung bei den Festspielen zu erscheinen", sagt Thomas Schäfer-Elmayer. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, kann man mit anderen Gästen ein Gespräch beginnen. Aber Achtung: "Small Talk ist eine Kunst, um sie zu beherrschen, bedarf es der Übung."
Abendkleid im Restaurant? Unbedingt!
Wer den Abend zu zweit genießt, der muss möglicherweise auf seine Begleitung warten. Hier sind viele dazu verleitet, sich eine Zigarette anzuzünden oder auf das Handy zu starren. Letzteres sei legitim, vor allem, wenn es darum gehe, das Gerät auf lautlos zu stellen. Rauchen sollte man aus Rücksicht auf die anderen Gäste nicht. Wartende Personen sind ein gewohntes Bild im Eingangsbereich zum Festspielhaus. "Ich genieße es oft selbst, die Festspielgäste wartend zu beobachten", sagt Schäfer-Elmayer.
Gerade vor einer Opernpremiere sind die Besucher elegant gekleidet, die Damen tragen Abendkleid, die Herren Smoking. Wer Sorge trägt, für einen Restaurantbesuch vor der Veranstaltung zu schick angezogen zu sein, kann beruhigt sein. "Festliche Kleidung trägt wesentlich zur eleganten Festspielatmosphäre der ganzen Stadt bei." Es wird gern gesehen, wenn viele attraktiv gekleidete Personen die Straßen, Plätze, Geschäfte und Verkehrsmittel frequentieren. Ein Umziehen vor dem Restaurantbesuch ist also nicht nötig, wäre sogar schade.
Damenwahl gilt auch bei Festspielen
Es ist so weit: Die Aufführung beginnt. Man sollte frühzeitig eintreffen, um dann spätestens fünf Minuten vor der Aufführung auf seinem Platz zu sitzen. Stichwort Platz nehmen: Wenn bereits viele Zuschauer in den Reihen sitzen, geht der Herr voraus, grüßt, entschuldigt sich für die Störung und bedankt sich. Sowohl der Herr als auch die Dame wenden sich dabei den Sitzenden zu. Entschuldigen braucht sie sich nicht eigens, das übernimmt der Herr. Dafür darf sie den Sitzplatz auswählen. Bei Adolph Freiherr Knigge gab es keine Geschlechtergleichheit. Ob das überhaupt noch zeitgemäß ist, darüber scheiden sich bekanntlich die Geister. Manche mögen diese Form der Aufmerksamkeit, andere sehen sie als Diskriminierung. Thomas Schäfer-Elmayer bleibt entspannt. Mit Bevormundung haben diese Konventionen nichts zu tun. "Niemand bezweifelt, dass eine Frau keinerlei Hilfe benötigt, um eine Tür zu öffnen oder sich den Mantel anzuziehen." Es seien schlicht Signale besonderer Wertschätzung, in denen die grundsätzlich höhere gesellschaftliche Position einer Dame gegenüber dem Herrn gewürdigt werde. Schäfer-Elmayer bezweifelt nicht, dass dies das Festspielpublikum richtig deutet: "Das Publikum der Salzburger Festspiele schätze ich sehr für seine Liebe zu gepflegten Traditionen." Aber nicht nur der Herr, auch die Dame geht an diesen besonderen Abenden anders mit ihrem Partner um als bei einem gemeinsamen Fernsehabend. "In der Öffentlichkeit gilt es seinen partnerschaftlichen Umgang an zahlreiche Faktoren anzupassen, die zu Hause inexistent sind." Das Gesprächsthema ist hier ein zentraler Punkt und sollte sich in die festliche Atmosphäre einfügen. "Das kultivierte Ambiente begünstigt anspruchsvollere Themen." Über das letzte Fußballspiel oder den eskalierten Abend zu reden würde sich eher weniger anbieten. Schäfer-Elmayer rät dazu, Meinungsverschiedenheiten nicht in der Öffentlichkeit auszutragen. Die Besucher seien wesentlich dafür mitverantwortlich, dass die Festlichkeit mitgetragen werde.
Zärtlichkeiten? Lieber zu Hause!
Auch zu viel gezeigte Intimität in der Öffentlichkeit widerspricht einem niveauvollen Abend. "Händchenhalten auch während der Vorstellung finde ich ein sehr schönes Bild", sagt Schäfer-Elmayer. Mehr Zärtlichkeiten auszutauschen empfiehlt der Benimm-Coach jedoch nicht. Auch nur ein kurzes Küsschen könne die Zuschauer hinter dem Paar schon zu sehr vom Geschehen auf der Bühne ablenken. Vor und nach der Vorstellung sei das aber durchaus akzeptabel, zumindest wenn es bei einem kurzen Kuss bleibe. "Heiße Kussszenen überlassen wir aber den ,Liebenden' auf der Bühne", sagt Thomas Schäfer-Elmayer. Den Abend könne dann so jeder genießen, ohne von den Nachbarn peinlich berührt zu werden.