Lebt es sich besser in der Stadt oder auf dem Land? Wo ist die Zukunft zu Hause? Diese und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt der ARD-Themenwoche "Stadt. Land. Wandel". In NRW scheint der Trend klar.
Von Rainer Striewski
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"" Bernd Jakobs, Ortsvorsteher im nordrhein-westfälischen Kalterherberg, ist positiv gestimmt, was die Zukunft seines Dorfes angeht.
Damit folgt er einem Trend, der sich derzeit in Nordrhein-Westfalen abzeichnet. Erstmals seit Jahren haben im vergangenen Jahr mehr Menschen die Großstädte in NRW verlassen, als neue hinzugezogen sind. Festmachen kann man das am so genannten Wanderungssaldo, also der Differenz zwischen den Menschen, die in eine Kommune gezogen sind und denen, die die Kommune verlasssen haben. Dieser Saldo ist im vergangenen Jahr über alle NRW-Großstädte gerechnet erstmals seit Jahren knapp negativ ausgefallen. In den Kleinstädten hingegen stieg er deutlich an. Großstädte in NRW haben offenbar - auch durch die Corona-Pandemie - an Attraktivität verloren.
Zurück aufs Land: "Alles im Leben hat seine Zeit."
Besonders deutlich wird das, wenn man nur die Umzüge von Menschen innerhalb NRWs betrachtet, also ohne Zuzüge aus dem Ausland oder anderen Bundesländern. Dann bleibt die Bilanz der Mittelstädte über die letzten Jahre zwar recht unverändert, Kleinstädte hingegen gewinnen deutlich, Großstädte verlieren.
Um 17,2 Prozent ist die Zahl der Zuzüge in die Großstädte NRWs im vergangenen Corona-Jahr zurückgegangen. Während 301.749 Menschen in die Großstädte zogen, verließen 302.139 Menschen diese Städte wieder - etwa um in kleine Städte zu ziehen.
Glücklich auf dem Land: Julia Handtke
Auch Julia Handtke ist von der Großstadt aufs Land gezogen. , berichtet sie.Heute hilft sie mit einer "Rückkehr-Agentur" auch anderen, auf dem Land wieder Fuß zu fassen.
WIe sieht der Trend nach Corona aus?
Wird sich dieser Trend auch nach Corona noch fortsetzen? Wie und wo wollen die Menschen in NRW künftig leben? Wo ist für sie die Zukunft zu Hause? Einige Antworten darauf liefert die nun im Rahmen der ARD-Themenwoche veröffentlichte Kooperationsstudie . Sie zeigt, dass die Menschen in ländlichen Regionen mögliche zukünftige Veränderungen anders bewerten als ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Städten - und gibt damit Antworten darauf, warum die Menschen in der Stadt oder auf dem Land leben möchten.
Über die Studie "Stadt. Land. Chancen"
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Die Studie ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und dem Center for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer IAO. Medienpartner ist der Bayerische Rundfunk (BR). Unterstützt wurde die Studie mit Mitteln aus dem Wissenschaftsjahr 2020/21 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Von 21. Juni bis zum 18. Juli 2021 haben sich 8.787 Menschen freiwillig an dieser Umfrage beteiligt. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ.
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Große Sorgen machen die Mieten
Das fragt sich Sonja Dransfeld. Sie ist wegen einer Ausbildung vom Land an den Stadtrand von Köln gezogen und findet die Mieten hier unfassbar hoch. Dieses Gefühl bestätigen auch die aktuellen Statistiken:
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Bessere Versorgung auf dem Land oder in der Stadt?
Deutlich wird die unterschiedliche Bewertung von Stadt- und Landbewohnerinnen und -bewohnern etwa beim Thema Gesundheit. Während sich auf dem Land 81,6 Prozent der Menschen Sorgen machen, dass die gesundheitliche Infrastruktur in der Umgebung schlechter wird, teilen diese Wahrnehmung nur zwei Drittel (66,2 Prozent) der Befragten in der Stadt.
Also Vorteil Stadt? Nicht ganz: Denn ein anderes Bild ergibt sich, wenn man in NRW konkret nach der Unterstützung in der Nachbarschaft fragt. So ist unter den Befragten in den Städten NRWs die Befürchtung größer als auf dem Land, dass die Nachbarschaft bei gesundheitlichen Problemen nicht helfen würde.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind vielen wichtig
Große Einigkeit zwischen Stadt- und Landbewohnerinnen bzw. -bewohnern herrscht aber beim Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Der Wunsch nach ökologischer Nachhaltigkeit zeigt sich in allen Lebensbereichen. Für viele der Befragten ist es etwa wichtig, dass gekaufte Lebensmittel in der Region angebaut wurden (94,2 Prozent in der Stadt bzw. 95,7 Prozent auf dem Land).
Wo kann man besser aufs Auto verzichten?
Auch bei der Mobilität der Zukunft denken viele an die Umwelt: Etwa 9 von 10 Befragten hoffen, zukünftig vor allem mit grüner Energie unterwegs sein zu können.
Aber wie genau werden wir unterwegs sein? Aufs Auto verzichten können offenbar eher diejenigen, die in NRW in der Stadt wohnen. Hier sind viele der Befragten eher optimistisch, auch dann weiter an ihrem Wohnort leben zu können, falls sie nicht mehr Auto fahren können. Die Befragten auf dem Land sind da etwas weniger optimistisch.
Noch deutlicher auseinander gehen die Eindrücke beim Thema Wohnen und Bauen, konkret bei der Erholung in der Natur. Die Sorge der Befragten in der Stadt, künftig nicht ausreichend Naherholungsgebiete in der Umgebung vorzufinden, ist deutlich höher als die der Befragten auf dem Land.
Die ARD-Themenwochewidmet sich der Zukunft unseres Landes. Sie will Visionen aufzeigen und deren Chancen und Gefahren diskutieren - auch ganz konkret vor Ort. Dazu bieten etwa viele Volkshochschulen als Kooperationspartner Programme, Vorträge und Seminare an, die sich mit dem Wandel in Deutschland beschäftigen. Alle Aktionen, Videos, Berichte und Audios zur Themenwoche gibt's hier in der Übersicht: