Neuer Abschnitt
Stand: 25.09.2021, 09:08 Uhr
Nach dem Erdrutsch in Erftstadt-Blessem sind die Dunkels die ersten Anwohner an der Abbruchkante, die zurück gezogen sind. Doch die Baustelle in Erdgeschoss und Keller ist eine Belastung - auch weil nicht klar ist, wann Geld aus dem Wiederaufbaufonds kommt.
Von Sabine Büttner
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Endlich wieder zu Hause: Seit wenigen Tagen leben die Dunkels wieder in ihrem Haus in der Radmacherstraße in Erftstadt-Blessem. Noch gibt es hier nur Baustrom. Dass Waschmaschine und Herd gleichzeitig an sind, funktioniert nicht, erzählt Maria Dunkel. Auch eine Heizung gibt es nicht. Stattdessen steht ein kleines mobiles Heizgerät im Wohnzimmer.
Und trotzdem sagt Ulrich Dunkel:
Wiederaufbaufonds: "Alleine wäre ich da nie durchgestiegen"
Die Dunkels haben die wichtigsten Wohnräume in der ersten Etage ihres Hauses - für sie Glück im Unglück, sonst wäre die Rückkehr noch nicht möglich. Das Erdgeschoss und der Keller wurden bei der Flut im Juli völlig zerstört. Ein Architekt hat ein Gutachten angefertigt: Demnach liegt allein der Gebäudeschaden bei fast 90.000 Euro.
Nun hoffen die Dunkels auf Wiederaufbauhilfe vom Land. "Mit der Hilfe meines Sohnes haben wir letzten Sonntag den Antrag ausgefüllt, da haben wir anderthalb Stunden zusammen dran gesessen", erzählt die 67-Jährige Maria Dunkel. "Vorher hatte er sich schon eingelesen und alles, was er konnte, ausgefüllt. Alleine wäre ich da nie durchgestiegen."
Unsicherheit: Wann kommt Geld und wieviel?
Nun fragen sich die Dunkels, ob sie Geld bekommen - wann es kommt und wieviel sie bekommen werden: "Wir haben nur das Nötigste bei den Handwerkern beauftragt, nur das, was unbedingt erforderlich war", sagt Sohn Thomas Dunkel. "Die ersten Ausgaben sind aus dem Ersparten erfolgt, aber alles wieder herzurichten, damit wären wir überfordert. Da müssen wir auf die Gelder warten oder einen Kredit aufnehmen.“
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Waltraud Groten im Garten: Direkt hinter ihrem Haus war die Erde abgesackt.
Im Haus gegenüber ist der Wiederaufbaufonds ebenfalls Thema: Waltraud und Günter Groten hatten sich extra einen Termin bei der Stadt besorgt, um bei der Beantragung Unterstützung zu bekommen. Doch als sie im Rathaus ankamen, wurden sie enttäuscht: "Wir dachten, man hat alle Unterlagen parat, da sitzt dann jemand, der nimmt das alles auf und dann bekommt man irgendwann eine Nachricht", erzählt Waltraud Groten. Stattdessen hätte man ihnen gesagt, das sei nicht möglich.
Beratungsstelle der Stadt war den Betroffenen keine Hilfe
"Aus juristischen Gründen dürfen die das nicht selber eingeben, hat man uns gesagt. Darum sollten wir uns an den Computer setzen, wo wir noch nie vorher gesessen haben, und das eingeben." Die Grotens, 79 und 80 Jahre alt, gehen unverrichteter Dinge nach Hause - frustriert und enttäuscht. Nun kümmert sich ihr Sohn um die Beantragung.
Günter und Waltraud Groten in ihrer zerstörten Küche.
Auch die Familie Groten ist auf finanzielle Hilfe angewiesen. Ihr Erdgeschoss haben sie mit Hilfe vieler Ehrenamtler entkernt, neuer Estrich ist schon drin, seit einigen Tagen ist das Wohnzimmer sogar tapeziert. Die Hilfe vieler Freiwilliger überwältigt Günter Groten noch immer: "Da kamen Helfer aus dem Stuttgarter Raum. Die haben die Wände verputzt, Tapete geklebt, gestrichen." Ohne diese Hilfe, sagen die beiden, hätten sie schon längst aufgegeben.
Immer neue Schäden werden sichtbar
Denn immer wieder kommen neue unangenehme Überraschungen. In der Küche ist ein Ölschaden in der Wand sichtbar geworden. Vom Nachbarhaus ist mit dem Hochwasser Heizöl in die Wände eingedrungen. Günter Groten hofft, dass er auch diesen Schaden in den Griff bekommt. Doch bis er und seine Frau wieder einziehen können, wird es noch dauern. Beide hoffen, dass sie Weihnachten wieder im Haus sein werden.
Bis dahin liegt noch viel Arbeit vor ihnen. Direkt hinter dem Garten der Grotens liegt die Abbruchkante, an der die Flut die Erde weggerissen hatte. "Unser altes Leben ist weggeschwommen, das liegt da unten in der Grube", sagt Waltraud Groten. "Wir hatten ein ausgefülltes Leben, wir hatten Ruhe, wollten das genießen. Aber jetzt ist es unruhig." Noch immer stehe sie nachts mehrmals auf.
Unruhige Nächte, Warten auf Regentropfen
Auch Nachbarin Maria Dunkel hat viele schlaflose Nächte hinter sich. Mit der Rückkehr nach Hause kamen viele Erinnerungen wieder hoch: "Man hört auf jedes Geräusch, man achtet auf Knacken, wartet auf Regentropfen." Und so sehr ihr Mann sich auch freut, wieder zu Hause zu sein - auch Ulrich Dunkel sagt, er wird nie vergessen, wie er erleben musste, als mehrere Häuser auf der anderen Straßenseite mit der Flut verschwunden waren: "Man braucht nur aus dem Fenster raus gucken. Vor allem wo die Häuser weg waren, das Bild - das nimmt man mit ins Grab, das können Sie nicht wegschalten."