Stuttgart - Was für ein schönes Wort: Quantitätsjournalismus. So nennt Jan Böhmermann in der neuesten Ausgabe des „ZDF Magazin Royale“ in Abgrenzung zum Qualitätsjournalismus das, was all die bunten Klatschblättchen am Kiosk und im Supermarkt bieten. Das übliche Abwinken, da müsse man sich nicht aufregen, das lese doch eh keiner, ist absurd. Am Kiosk ist kein Platz für Dinge, die sich nicht verkaufen.
„Das sind doch nur Spaßblättchen, die man seiner Oma nach dem Oberschenkelhalsbruch in die Geriatrie mitbringt?“, fragt denn auch Böhmermann, und verneint prompt: „Deutsche Klatschzeitschriften haben eine wöchentliche Auflage von weit über 3 Millionen Exemplaren. Das sind mehr als die seriösen Leitmedien ‚Spiegel’, ,Zeit’, ,Stern’, ,Focus’, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung’ und ,Pieks – Das Impfmagazin’ zusammen!“
Der Kern des Geschäftsmodells
Schnell wird klar und einsichtig, was Böhmermanns unterhaltsam vorgetragene Wut auslöst. Nicht, dass diese Blättchen über Adelshäuser, Showbiz-Größen, A-Prominente und C-Sternchen aller Sparten berichten – sondern wie sie es tun. Dass da konsequent Unfug zusammengeplappert, Etikettenschwindel betrieben und fortgesetzt jeder Mückenschiss zur Dinosaurier-Stampede hochgejazzt wird. Oder, wie Böhmermann sagt: „Reißerische Headlines zu komplett langweiligen Tatsachen: ein Fitzelchen Wahrheit so sehr zur größtmöglichen Skandalschlagzeile aufblasen, dass es gerade eben noch so juristisch erlaubt ist, das ist der Kern des Geschäftsmodells!“
Selbst das aber wäre bloß Nepp an denen, die solche Hefte kaufen. Böhmermann geht den entscheidenden Schritt weiter: Er prangert an, dass die Verleger und Entscheider dieser Blättchen das Ganze Qualitätsjournalismus nennen. Dass sie auch noch journalistische Privilegien für ihre Reibachmaschine nutzen und so echten Journalismus in Misskredit bringen. Das muss ab und an gesagt werden, und Böhmermann formuliert es so, dass die Herren Burda und Co. ihn gewiss nicht als Festredner für eines der nächsten Firmenjubiläen in Erwägung ziehen werden.
„Bild“ wird auch parodiert
Zuvor in der Sendung hatte Böhmermann übrigens schon das Web-TV-Angebot der „Bild“-Zeitung parodiert und damit den richtigen Kurzschluss zwischen der Regenbogenschmiere und der viel gefährlicheren Politschmiere mancher Medien hergestellt. Anlass war wohl die Ankündigung des Springer-Verlags, noch vor der Bundestagswahl einen neuen „Bild“-TV-Sender zu starten. Das kann wenig anderes bedeuten, als das Deutschland bald seine Hausmacher Variante von „Fox News“ bekommen wird, mit allen gesellschaftszersetzenden Folgeerscheinungen. Jan Böhmermann wird dann zumindest nie der Stoff ausgehen.
Die aktuelle Ausgabe des „ZDF Magazin Royale“ kann man hier in der Mediathek des Senders abrufen, bis zum 16. Juli 2021.