Eine Corona-Impfpflicht bringt Impfgegner nicht dazu ihre Haltung zu ändern, sagt Ralph Sina. Er fordert aber, dass sich Impfverweigerer zumindest outen, bevor sie Einladungen annehmen.
Von Ralph Sina
Dialogbox
Zu den Kommentaren [134]Es sollte ein gemütliches Treffen am Wochenende werden. Ein junges Paar, das bald ein Baby erwartet, hatte eine kleine Runde von Freunden in ihr neues Haus eingeladen. Plötzlich ging es in der Diskussion am Wohnzimmertisch um Impfgegner. Einer der Gäste bekannte, selbst jede Covid-Impfung abzulehnen, bis ein Vakzin auf Protein-Basis entwickelt sei. Fassungslosigkeit in der Runde und die Frage: Warum erzählst du uns erst jetzt, dass du nicht geimpft bist?
Gut eine Woche später schickte der ungeimpfte Gast eine kurze SMS:
Eine weitere Woche später wurden auch die schwangere Gastgeberin und ihr Mann Corona-positiv getestet. Ein Zufall? Vielleicht. Aber nicht sehr wahrscheinlich.
Impfgegner belasten unsere Krankenhäuser
Bisher haben sich nur 67 Prozent der Deutschen vollständig gegen Corona impfen lassen. Ich habe mal beim Robert Koch-Institut (RKI) nachgefragt: Wenn man alle Kinder unter 12 Jahren abzieht, für die noch kein Impfstoff zugelassen wurde, wie viele Ungeimpfte bleiben dann noch übrig? Antwort: Ganze 16 Millionen!
In Portugal sieht das anders aus. Dort haben sich über 90 Prozent der Bürger impfen lassen. Auch in Dänemark ist die Impfbereitschaft deutlich höher als in Deutschland, weil man dort das Corona-Virus als gemeinsamen Gegner betrachtet.
Bei der Corona-Impfung geht es nicht nur darum, sich selbst zu schützen, sondern auch andere. Geimpfte infizieren ihre Umgebung nämlich seltener und erleiden auch eher selten Impfdurchbrüche - also eine Infektion mit Symptomen.
Aber noch viel wichtiger ist: Geimpfte erkranken meist nicht so schwer, dass sie intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Im Gegensatz zu Nicht-Geimpften.
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Das heißt im Klartext: Impfgegner, die wegen ihrer Nicht-Impfung schwer erkranken, tragen indirekt dazu bei, dass Krankenhäuser lebenswichtige Operationen verschieben müssen, weil es keine freien Beatmungsgeräte und Betten auf den Intensivstationen mehr gibt. Sich nicht gegen Corona impfen zu lassen ist deshalb eben keine reine Privat-Angelegenheit.
Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen?
Meine lebensfrohe und wache Tante Fee ist 98 und lebt in einem Essener Pflegeheim. Sie kann nur hoffen, dass alle aus dem sehr freundlichen und zugewandten Pflegeteam, das ihr hilft, sich zu waschen, sich anzuziehen und in den Rollstuhl zu setzen, geimpft sind. Gleiches gilt für die Damen, die ihr mittags das Essen bringen oder die Freiwilligen, die sie und ihre Zimmernachbarinnen mit einer Fahrradrikscha durch die Essener Gruga fahren.
Sie weiß nicht, welche ihrer Helferinnen und welcher ihrer Helfer, mit denen sie jeden Tag buchstäblich in Berührung kommt, geimpft sind. Ins Heim kommen nur zweifach geimpfte Besucher und Besucherinnen. An der Pforte müssen sie außerdem nochmal einen PCR-Test machen. Was finde ich, völlig richtig ist. Aber wer aus dem Pflegeteam geimpft ist und wer nicht, darf die Heimleitung nicht erfragen. Hauptsache die Daten sind geschützt. Ob die Heimbewohnerinnen und -bewohner geschützt sind, ist zweitrangig. Eine groteske Situation.
Testpflicht für Kita-Babys, aber nicht für Mitarbeitende
Ähnlich widersinnig ist die Lage in den Kindertagesstätten. Dort können Eltern und Großeltern ihre Kinder und Enkel nur hinbringen, wenn sie vorher frühmorgens einen Lolli-Test gemacht und die Küche in ein Analyselabor verwandelt haben. Aber ob alle Erzieher und Erzieherinnen geimpft sind, wissen die Eltern und die Kita-Leitung nicht. Der Datenschutz ist auch hier wichtiger als der Schutz der Kleinkinder.
Und selbst wenn Eltern wüssten, dass zum Beispiel eine Erzieherin nicht geimpft ist, was sollen sie machen? Ihr Kind aus der Kita nehmen, um deren Platz sie hart gekämpft haben? Sollen die Eltern ihren Job aufgeben, um ihre Kinder selbst zu betreuen? Nein, sie können nur hoffen, dass ihre Erzieher und Erzieherinnen nicht zu irgendeinem Querdenker und Esoterik-Verein oder zur AfD gehören. Und nicht zum Lager derer, die behaupten, Corona-Impfungen seien nur das Resultat einer Bill-Gates-Verschwörung oder Impfstoffe würden aus Föten gewonnen.
Recht auf Selbstbestimmung
Ja, es gibt ein Recht auf Selbstbestimmung. Aber es gibt auch ein Recht nicht mutwillig durch andere in Gefahr gebracht zu werden. Eine allgemeine Corona-Impfpflicht für Kinder, Jugendliche und für Erwachsene halte ich trotzdem für kontraproduktiv, weil sie den Konflikt zwischen Impfgegnern und Impf-Befürwortern nur noch mehr schürt, den Hass auf die Impfärzte ebenfalls und weil ein solches Gesetz Impfgegner zu Märtyrern machen würde. Wer sich partout nicht impfen lassen will, der lässt sich nicht impfen. Egal welches Gesetz ihn dazu zwingt und welche Belohnung winkt.
Auskunftspflicht statt Impfpflicht
Die werdende Mutter, die ihre Freunde zum Kaffee eingeladen hatte, wirft sich jetzt vor, dass sie ihre Gäste nicht nach einem Impfnachweis gefragt hat.
Aber viel erschreckender empfinde ich die Skrupellosigkeit der Impfgegner in unserer Nachmittagsrunde, die die Gastgeberin nicht vorgewarnt hatten, sondern ihren Status "" erst bekannt gaben, als das Gespräch ganz zufällig auf dieses Thema kam und darauf auch noch stolz waren, weil sie sich von nichts und niemandem unter Druck setzen lassen.
Ob Erzieher und Erzieherinnen in der Kita oder das Pflegepersonal im Senioren-Heim: Es wird nach meiner Ansicht Zeit, dass alle, die in ihrem Job hautnah anderen helfen, Auskunft geben müssen, ob und wann sie geimpft wurden, und regelmäßig ihrem Arbeitgeber einen PCR-Test vorlegen.
Wie gehen Sie mit Corona-Impfgegnern in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis um? Versuchen Sie sie von der Notwendigkeit zu überzeugen? Treffen Sie sich mit ihnen in Innenräumen? Oder sind sie selbst Impfgegner? Dann erzählen sie mir gerne, warum! Ich freue mich auf Ihre Erfahrungen und Meinung hier in den Kommentaren oder auf Social Media. Lassen Sie uns darüber diskutieren!
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Kommentare zum Thema
134 Kommentare
Kommentar 133:Sepp kockschreibt am 17.11.2021, 20:33 Uhr:
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er beleidigend ist. (die Redaktion)
Kommentar 132:MPschreibt am 16.11.2021, 16:41 Uhr:
Bisher ungeimpft ( da die Hersteller den Allergologen nicht die vollständigen Inhalte für entsprechende Allergietests zur Verfügung stellen), schwebe ich als starke Allergikerin sozusagen im luftleeren Raum. Ich gehe ganz offen damit um, und jeder meiner Gastgeber oder Gäste weiß das vorher! Ein Schnelltest vor jedem Zusammensein ist für mich selbstverständlich- allerdings erwarte ich das Gleiche von den Geimpften! Denn auch sie sind weder immun gegen das Virus,noch gefeit davor, es weiterzugeben...Ich bin niemandem böse,der sich nicht treffen oder testen möchte- aber ich erwarte Akzeptanz für meine Vorsicht und Bedenken.Es bleibt die Hoffnung auf eine schnelle Zulassung der Totimpfstoffe, die andere Trägermaterialien haben und auch die Skeptiker vielleicht überzeugen kann.
Weitere KommentareKommentar 131:Nadineschreibt am 16.11.2021, 12:46 Uhr:
Ich bin geimpft und möchte alle Ungeimpften für solche Artikel und Kommentare um Verzeihung bitten. Bitte machen Sie sich bewusst dass nicht alle so denken und lassen Sie uns als Gesellschaft in schwierigen Zeiten zusammen stehen.