Lost Ark ist endlich im Westen erschienen und MeinMMO-Redakteur Alexander Leitsch ist bereits fleißig am Zocken. Seit dem Release vor knapp 40 Stunden hat er bereits 12 Stunden im Spiel verbracht. Doch so richtig glücklich ist er mit dem MMORPG nicht.
Lost Ark ist da und für mich läuft der Release exakt so, wie ich ihn erwartet habe. Kleinere Probleme, lange Warteschlangen und die gleichen Gebiete, durch die ich mich bereits in der Beta mehrfach geschnetzelt hatte.
Überrascht hat mich jedoch eins: das positive Presse-Echo. Kurz vor dem Release fiel die NDA von einem Presse-Event, zu dem auch wir von MeinMMO eingeladen waren. Unser Autor Mark Sellner hat sich dabei den Tower genauer angesehen und ein ausführliches Fazit geschrieben.
Einige Gaming-Seiten vergaben auf Basis ihrer Erfahrung während des Presse-Events Zahlen jenseits der 90, sogar der Bestwert 100 wurde gezogen. Auch unsere deutschen Kollegen von der GameStar haben in der vorläufigen Wertung eine 78-88 verteilt (via GameStar).
Auf der einen Seite freut es mein MMO-Herz. Lange gab es nicht mehr so viele Tests und so viel positives Feedback für ein MMORPG. Auf der anderen Seite jedoch bin ich überrascht, dass dies ausgerechnet bei Lost Ark der Fall ist. Denn ich habe einige Probleme mit dem Spiel.
Meine Probleme mit Lost Ark
Im Grunde gibt es fünf Dinge, die mich an Lost Ark stark stören:
Manche dieser Probleme lassen sich relativ leicht lösen. Andere sind jedoch so fundamental, dass ich mit Lost Ark auf Dauer wohl nicht warm werde. Doch der Reihe nach.
Ein unsinniger Anfang
Ein Problem, über das ich in den letzten 40 Stunden mehrfach gestolpert bin, ist der Einstieg in das Spiel. Der ist unheimlich anstrengend. Das erste Problem liegt schon in der Klassenwahl, denn ich muss zu Beginn aus einer der Grundklassen wählen. Zwei Dialoge später entscheide ich mich dann für eine Spezialisierung. Ein unnötiger Schritt.
Mir ist bewusst, dass der Anfang ein Überbleibsel der alten Klassentutorials ist. Doch dann hätte man das System auch ganz streichen können.
Mir ist es sogar passiert, dass ich die falsche Grundklasse gewählt habe und meinen Charakter löschen musste. Ein Stolperstein ist die Tatsache, dass sie die Grundklassen Kanonier und Kanonierin getrennt haben. So brauchte ich gleich zwei Anläufe, um mir eine Kunstschützin zu erstellen, mein neuer Main im Spiel.
Und ja, es gibt in der Charakterauswahl einen Hinweis auf die Spezialisierungen, aber wer keine Ahnung vom Spiel hat, wird mit dem Button “Vorschau (fortschgeschr. Kl.)” auch nicht direkt was anfangen können.
Täglich grüßt das Schlauchlevel
Was ich an MMORPGs immer geschätzt habe, das ist das freie Erkunden, die Wahl meines Start- und Level-Gebiets. Nahezu perfekt hat dies Guild Wars 2 umgesetzt, wo jedes Volk zwar ein eigenes Gebiet hat, ich aber auch jederzeit und direkt vom Start weg in die Gebiete der anderen Völker reisen kann. So kann ich mit Freunden zusammen zocken, aber auch unterschiedliche Gebiete entdecken, ohne das Volk wechseln zu müssen.
Lost Ark ist da das krasse Gegenteil. Der Level-Prozess bis 50 ist nahezu linear. Jedes Gebiet ist verhältnismäßig klein und man wird ganz trocken von Quest-Hub zu Quest-Hub geschickt. Zwar gibt es Dinge zum Entdecken, wie etwa die Mokoko-Samen, aber richtiges Entdecker-Feeling kam bei mir nicht auf.
Stattdessen laufe ich in jedem Gebiet von links unten nach rechts oben, folge der Story und mache ein paar Nebenquests. Mein höchster Charakter ist zwar nur Level 30 und der Weg dahin war nicht mal lang, aber vom Gefühl her zog sich jedes Level-Up wie Kaugummi.
Das liegt für mich auch ein Stück weit an der fehlenden Seele im Spiel, etwas, dass mich auch bei Spielen wie Elyon zuletzt sehr beschäftigt hat.
Die Quests sehe ich ebenfalls zwiegespalten. Immer wieder gibt es kleine Lichtblicke, etwa dann, wenn ich Emotes nutzen oder ein Lager ausspionieren muss. Aber diese Highlights sind zu rar gesät, um die Quests wirklich hervorzuheben. Zwar sind die Entwickler schon dabei viele dieser Quests nachträglich zu löschen, doch sehr viele sind noch immer da.
Im Grunde kritisiere ich an Lost Ark das gleiche, wie schon bei Swords of Legends – Leveln macht keinen Spaß. Aber zumindest hat sich der Entwickler Smilegate etwas überlegt:
Das erspart mir zwar den nervigen Prozess, aber es ist schade, dass es diesen Prozess überhaupt gibt.
Actionreiche Kämpfe ja, aber mit zu wenig Abwechslung
Das Kampfsystem. Hier überschlagen sich die Tester mit Lob. Vom “besten Kampfsystem des Genres” ist die Rede. Ich persönlich werde nicht warm damit. Objektiv kann ich sagen, dass die Attacken wuchtig sind und die Animationen teils echt schön umgesetzt wurden.
Doch ich habe vier Kritikpunkte, ganz unabhängig von der Iso-Perspektive:
Das mag meckern auf hohem Niveau sein, doch nahezu überall bekommt das Kampfsystem die volle Punktzahl. Da habe ich mir – und vielleicht auch einige Leser der Tests – dann vielleicht etwas mehr erhofft.
Abgesehen von diesem Aspekt habe ich persönlich unheimlich Probleme mit der Perspektive und der Steuerung. Ich bin und war nie ein Fan von Hack’n’Slay und vermisse tatsächlich meine Third-Person-Ansicht. Ich verliere ein gewisses Maß an Immersion für meinen Charakter und die Welt drumherum.
Vielleicht fühlten sich auch deshalb viele Gebiete einfach komplett gleich an.
Warum zur Hölle legt man die Interaktion auf “G”?
Ich muss mit “G” interagieren. Für mich fühlt sich das falsch an. In manchen Spielen interagiere ich mit “F”, in anderen mit “E”. Ganz verrückt wird es, wenn ich dafür Enter oder Leertaste drücken muss. Doch die Taste “G” hat zuvor noch kein MMORPG angeboten.
Immer wieder ertappe ich mich dabei, eine andere Taste zu verwenden. Oder ich möchte “G” nutzen, um das Gildenfenster zu öffnen.
Das nervige ist jedoch, dass man die Taste für die Interaktion nicht ändern kann. Mit fast jeder anderen Taste geht es, mit der Interaktion jedoch nicht.
Achja, ich hätte zudem gerne die Option mit WASD anstelle der Maus zu laufen. Danke!
Arbeitspunkte beim Crafting
In diesem Abschnitt sammeln sich zwei Kritikpunkte, die jedoch teilweise zusammenhängen. Denn in Lost Ark gibt es Arbeitspunkte, die für verschiedene Aktivitäten verbraucht werden, etwa beim Sammeln und Crafting. Insgesamt kann man 10.500 Arbeitspunkte haben, wobei sich diese auf den gesamten Account beziehen.
Allerdings regeneriert man nur 4.320 Punkte pro 24 Stunden. Wer also aktiv spielt, wird nach dem Start nicht so leicht zurück auf 10.500 Punkte kommen.
Beim Crafting kann ich zudem nur “Nebenobjekte” herstellen, etwa Tränke, Bomben, Dinge für mein Housing oder neue Sammelwerkzeuge. Ausrüstung oder Waffen sind kein Teil des Craftings. Und da ich gerade das an New World gemocht habe, fehlt mir der Aspekt bei Lost Ark sofort.
Viele Kleinigkeiten, über die ich hinwegsehen kann
Neben den fünf genannten Problemen gibt es etliche Kleinigkeiten, die man kritisieren kann. Darunter unpassende Animationen bei Charakteren, teils schwache Dialoge, Blumen, die sich in Gasthäusern bewegen, als gäbe es Wind, Soundprobleme und eine deutsche Synchronisation, die ich persönlich nicht so gelungen finde.
Aber über die Kleinigkeiten kann ich problemlos hinweg sehen, auch wenn ich verstehe, dass man sich daran stören kann.
Kein Problem für mich, aber Lost Ark hat viele Asia-Elemente
Lost Ark ist ein Asia-MMO. In meinen kurzen Check vor Release wurde in den Kommentaren sogar gespottet, als ich behauptete, dass Lost Ark Asia-Elemente habe.
Doch für mich beginnt das schon beim Interface. Denn Lost Ark hat unglaublich viele Menü-Optionen und Inhalte, die mir zum Start um die Ohren geworfen werden. Allerdings macht es das dezenter als Mobile-MMORPGs wie Lineage 2M, aber einen großen Unterschied zu klassischen Asia-MMORPGs bemerke ich kaum.
Ein weiterer klassischer Asia-Aspekt ist für mich der Austausch der Ausrüstung. Im Inventar befindet sich ein kleiner blauer Pfeil, der anzeigt, wann eine Ausrüstung besser ist als die vorherige. Na ja, das stimmt zumindest so halb, denn dieser Pfeil nimmt natürlich keine Rücksicht auf die Art der Stats, sondern konzentriert sich nur auf das Item-Level.
Dieses schnelle Austauschen der Ausrüstung, ohne sich wirklich auf den Gegenstand zu fokussieren, ist für mich ein Element, dass ich zuerst mit Asia-MMOs kennengerlernt habe.
Weiter geht es für mich bei der Oberweite der Frauen, die oftmals sehr prominent in Szene gesetzt wird, wie etwa in meinem Screenshot oben zum Menü. Dort wird zwar der Name Sputzeline angezeigt, doch das Porträt sieht meinem Charakter überhaupt nicht ähnlich. Und die gezeigte Perspektive bringt jetzt auch keinen Mehrwert.
Schaue ich etwas über den Tellerrand hinaus, etwa auf kommende Skins und Outfits, sehe ich dort ebenfalls leicht bekleidete Charaktere, Netzstrumpfhosen, Flügel und überdimensionale Schwerter. Die Krönung ist dann die kommende Painter-Klasse, die einen sehr kindlichen Look hat. Achja, Gender Lock gibt es bei den meisten Klassen auch noch.
Auch die teils überdimensionalen Animationen und die eher “glatte Grafik” kann man durchaus als “typisch Asia” abstempeln.
Auch der Shop ist ein Thema, der in einigen Reviews zu kurz kam. Den würde ich aus meiner Perspektive nicht als Pay2Win bezeichnen, doch es gibt Dinge, an denen man sich stören kann, darunter:
Das sind alles Kritikpunkte, die man nennen kann und muss. Wer sich genauer für den Shop interessiert, erfährt hier mehr dazu:
Ist Lost Ark Pay2Win? Das steckt im Shop der westlichen VersionMich persönlich stört der Asia-Teil übrigens überhaupt nicht. Ich spiele gerne Blade & Soul oder Swords of Legends, da sind die Ausmaße vergleichbar. Nur TERA ist mir mit den Kostümen einfach zu drüber. Deswegen zählt dieser Aspekt auch nicht zu meinen Kritikpunkten. Aber ich kenne Spiele, die für weit weniger Asia-Elemente schon weit stärker kritisiert wurden.
Vorfreude aufs Endgame, auch wenn ich skeptisch bin
Ist Lost Ark ein schlechtes MMORPG? Definitiv nein.
Halten mich meine Kritikpunkte jetzt davon ab, Lost Ark zu spielen? Ebenfalls Nein. Es ist nur nicht mein Traumspiel.
Denn es kam bei keinem MMORPG-Release bisher vor, dass ich zwischenzeitlich Daily-Quests in Guild Wars 2 und ESO abgeschlossen und sogar eine Runde TFT gespielt habe, während ich eigentlich Lost Ark hätte zocken können. Ich brauchte einfach Abwechslung.
Denn insgesamt fühlt sich Lost Ark für mich in vielen Aspekten einfach “zu gleich” an. Das erste Mal zocken in der Beta bis Level 30 war okay. Das zweite Mal jetzt zu Release war mit dem Paladin eine Qual, weil er einfach unglaublich langsam ist. Darum hab ich jetzt auch zur Kunstschützin gewechselt, meinem Beta-Char. Und ich erlebe die gleichen Level-Inhalte ein drittes Mal.
Mehr zu Lost Ark auf MeinMMO:
Trotzdem habe ich Vorfreude. Vorfreude auf die ersten Dungeons und Raids, auf meine eigene Insel und das Segeln. Hier glaube ich, dass Lost Ark wirklich potenzial hat. Auch meine Gilde mit meinem Kollegen Mark Sellner und seinen verrückten Freunden motiviert mich, denn die haben alle so richtig Bock auf das Spiel.
Doch heimlich zocke ich nebenbei andere MMORPGs, weil ich nicht glaube, dass Lost Ark lange mein Hauptspiel bleiben wird. Dafür zieht es mich zu stark in andere MMORPGs.
Wie seht ihr Lost Ark? Seid ihr so begeistert, wie die meisten hier auf MeinMMO oder seht ihr das Spiel eher kritisch, so wie ich? Schreibt es gerne in die Kommentare.
Übrigens ist mein Kollege Mark Sellner da ganz anderer Meinung. Er liebt Lost Ark und würde sogar gerne noch mehr Geld in das Spiel investieren:
Lost Ark ist so gut, dass ich 250 Euro ausgegeben habe und gerne mehr ausgeben würde