Im vergangenen Jahr war vielerorts Corona-bedingt an Skifahren nicht zu denken. Leidenschaftliche Wintersportler mussten sich eine Alternative suchen - und sind oft beim Skitourengehen gelandet. Dabei geht man mit speziellen Skiern einen Berg, meist abseits der Piste, hinauf und fährt anschließend hinunter.
Was sich einfach anhört, ist in Wahrheit "eine recht komplexe Sache", weiß Flo Scheimpflug. Vor allem Anfänger sollten einige Punkte beachten, bevor sie das erste Mal mit den Skiern losziehen. Der Autor des Buches "Dem Genuss auf der Spur: 50 Skitouren in den österreichischen Alpen" erklärt im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news, auf was es beim Skitourengehen ankommt.
Bei der ersten Tour nicht allein starten
Bevor Interessierte sich am Skitourengehen versuchen, sollten sie "sich immer mehr von der Piste ins Gelände hinauswagen", so Scheimpflug. Die Anzahl der Ausflüge am besten langsam erhöhen, bis "man sich sicher fühlt und das nötige Vertrauen hat". Denn Freeride-Erfahrung sei in jedem Fall eine gute Grundlage fürs Tourengehen. Damit ist es mit der Vorbereitung allerdings nicht getan.
"Planung, Lawinengefahr und das Risikomanagement werden oft unterschätzt und es braucht Zeit, bis man Erfahrung aufgebaut hat", weiß der Experte. Deshalb empfehle er, die erste Tour in Begleitung von Erfahrenen zu machen und auf "jeden Fall einen Lawinenkurs zu absolvieren". Schließlich wisse man nie, wen es erwischt. "Ich finde, dass man in der Lage sein muss, seine Kameraden retten zu können. Das ist man seinen Freunden schuldig, egal ob man Anfänger oder Profi ist."
Darauf kommt es bei der Tourenplanung an
Deshalb sollten Tourengeher eine "funktionierende LVS-Ausrüstung" dabeihaben. Gemeint ist ein Lawinenverschüttetensuchgerät. Das LVS immer am Körper tragen. Wichtig: Vor dem Start einschalten und auf Funktionalität prüfen. Zudem gehören eine Lawinenschaufel sowie eine Sonde zur Grundausstattung. Ohne Sonde ist keine Punktortung eines Verschütteten möglich, ohne Schaufel kann ihn niemand ausgraben.
Bei der Tourenplanung immer die Lawinenlage im Auge haben. "Was in der Schneedecke vor sich geht, kann man nicht sehen", erklärt Scheimpflug. Bei der Planung sollte zudem "das Wetter und vor allem, wie man sich fühlt" eine Rolle spielen. "Man kann nicht jeden Tag die Tour seines Lebens machen." Wenn allerdings die lokalen Bedingungen wie Schnee und Wetter passen, "kann man die beste Tour auch am unscheinbarsten Hügel machen".
Das sind die größten Fehler beim Skitourengehen
Der größte Fehler, den Wintersportler beim Skitourengehen machen können: "Selbstüberschätzung", weiß der Autor. "Man muss es nicht nur sicher auf den Gipfel, sondern auch unbeschadet wieder runterschaffen." Deshalb sollte sich niemand unter Druck setzen oder stressen lassen. "Es geht weder um die meisten Höhenmeter noch um die beste Zeit."
Wer keine Pisten hochgehen möchte, sondern direkt die Einsamkeit sucht, sollte bei der Routenwahl allerdings zwei Dinge beachten. "In Österreich sollte man Wildruhezonen und Aufforstungsgebiete meiden und seine Linie rücksichtsvoll wählen." Auch der Deutsche Alpenverein appelliert, Schutz- und Schongebiete für Pflanzen und Tiere zu respektieren und Lärm zu vermeiden. Am besten naturverträgliche Aufstiegs- und Abfahrtsrouten wählen.
Skitourengehen "wirkt sich positiv auf die mentale Gesundheit aus"
Der Wintersport steht nichtsdestotrotz in der Kritik, schädlich für die Umwelt zu sein und Tiere in ihrem Lebensraum zu stören. "Der Skitourismus und seine Infrastruktur, wie Lift, Speicherseen und Schneekanonen, sind definitiv umweltschädlich", findet auch der gebürtige Wiener. Beim Tourengehen seien die Auswirkungen allerdings geringer. "Es gibt schließlich keine Infrastruktur, die man benötigt." Allerdings müssten sich auch Tourengeher den Vorwurf gefallen lassen, dass sie Tiere in ihrer Winterruhe stören. "Respekt für die Natur und Umsicht am Berg sind wichtig. Wir sind nur Gäste dort oben und sollten uns auch so verhalten."