"Man kann es sich als den Nachfolger des mobilen Internets vorstellen", sagte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg diese Woche der amerikanischen Nachrichtenseite The Verge. "Es ist eine Vision, die sich über zahlreiche Unternehmen erstreckt - die gesamte Branche." Mark Zuckerbergs Plan: Facebook zu einem "Metaverse-Konzern" zu machen.
Mit seiner Begeisterung ist Zuckerberg nicht alleine. "Es gibt 3,5 Milliarden Menschen im Internet, die in Zukunft mit dem Metaverse verbunden sein werden", prognostiziert Tim Sweeney, der Gründer des Videospiel-Herstellers Epic Games. Und die New York Times schreibt: "Erinnern Sie sich noch, vom 'Internet' gehört zu haben? Machen Sie sich bereit für das 'Metaverse'."
Was bedeutet "Metaverse"?
Der Begriff "Metaverse" stammt ursprünglich aus dem Science-Fiction-Roman "Snow Crash" aus dem Jahr 1992. Dort bezeichnet er eine virtuelle Realität, in der Menschen als drei-dimensionale Avatare miteinander interagieren. Ein ähnliches Konzept wurde durch die Steven Spielberg-Verfilmung des Buches "Ready Player One" bekannt.
In den letzten Jahren wurde der Begriff jedoch vor allem im Silicon Valley und anderen Tech-Hochburgen beliebt. In der Vorstellung des einflussreichen Analysten Matthew Ball meint er einen gemeinsamen virtuellen Raum, der alle Teilnehmer miteinander vernetzt. In diesem Netz der Zukunft sollen virtuelle Welten, das klassische Internet und zahlreiche Elemente der echten Welt in einer Konstruktion vereint sein - und das ohne innere Grenzen.
Was unterscheidet das Metaverse vom Internet?
Im Moment ist das Metaverse noch vor allem eine Idee und kein tatsächlich existierender Gegenstand. Dementsprechend schwer ist es, sich das Metaverse in Aktion vorzustellen.
Eine Möglichkeit ist, Regeln der analogen Welt auf die digitale zu übertragen: In der echten Welt können Menschen fast alle Gegenstände und Gedanken von Ort zu Ort transportieren und unterschiedlich anwenden. Wer in einem Einkaufszentrum ein T-Shirt kauft, kann dieses in jeden anderen Laden im Einkaufszentrum mitnehmen und mit anderen vergleichen - und es auch überall auf der Welt tragen.
Das Internet funktioniert aktuell noch anders: Wer beispielsweise in einem Videospiel ein virtuelles Outfit für seinen Charakter zusammenstellt, kann es nur in diesem einen Spiel benutzen und nirgendwohin mitnehmen. Im Metaverse soll das anders sein: Weil es ein virtueller Raum wäre, der von allen geteilt wird, ließen sich digitale Informationen so selbstverständlich von A nach B transportieren wie Güter und Informationen in der analogen Welt.
Die Möglichkeiten im Metaverse
Wie alle Technologien, die noch nicht vollständig existieren, lässt sich über die Anwendungen des Metaverse im Moment nur spekulieren. Tech-Liebhaber und Geschäftsleute haben sich jedoch zahlreiche Szenarien ausgemalt.
Per Virtual Reality könnten wir unsere Büroarbeit, zusammen mit den virtuellen Avataren unserer Kollegen, in Harry Potters Zauberschule Hogwarts erledigen. Danach könnten wir unsere Freunde als digitale Hologramme live in unsere Wohnzimmer projizieren und gemeinsam mit ihnen die neue Folge unserer Lieblingsserie schauen - während zwischen uns ein virtueller Darth Vader sitzt und das Geschehen kommentiert. Und wenn wir dann vorm Einschlafen noch etwas Super Mario spielen, würde Mario uns mit dem Ausschalten der Spielekonsole nicht verlassen, sondern könnte uns am Tag danach als digitaler Assistent wie Siri oder Alexa auf dem Smartphone begleiten - und das unterwegs gehörte später im Videospiel wieder aufgreifen.
Das Wichtige bei all diesen Anwendungen ist: Digitale Informationen werden hier reibungslos zwischen allen nur denkbaren Anwendungen übertragen - so selbstverständlich wie wir heute Text von einer Email in die andere kopieren.
Was fehlt noch zum Metaverse?
Auch wenn manche das Metaverse schon nahe sehen, liegen zwei wesentliche Herausforderungen zwischen unserer heutigen Welt und einer Zukunft, in der das Metaverse Realität geworden ist.
Die erste Herausforderung liegt an der technischen Hardware. Um einen konstanten virtuellen Raum aufrecht zu erhalten, braucht es gigantische Mengen an Rechenleistung, flächendeckend sehr schnelles Internet, sowie Fortschritte bei digitaler Animation und künstlicher Intelligenz. Bis all das technisch machbar ist, könnte nur eine Frage der Zeit sein - auch wenn Länder wie Deutschland etwa in Sachen Digitalisierung hinterherhinken.
Die zweite - und vielleicht größere - Herausforderung besteht darin, zu vermeiden, dass das Metaverse ein zentral organisierter Raum wird - anders als das dezentrale Internet. Einige Experten warnen vor einer möglichen Situation, in der eine einzelne Firma das Metaverse kontrolliert - und somit die Kontrolle über einen virtuellen Raum erhält, der die gesamte Erde und alle dort stattfindenden digitalen Transaktionen umfasst. Die Macht eines solchen Konzerns wäre sogar um ein vielfaches höher als die der heutigen Internetriesen Google und Facebook.
Forscher und Unternehmer sind deshalb auf der Suche nach gemeinsamen Standards für das Metaverse - ähnlich wie es HTML für das frühe Internet war. Möglicherweise liegt der Schlüssel in der dezentralen Blockchain-Technologie. Leicht wird die Aufgabe nicht: Spätestens wenn es um die Einhaltung der strengen europäischen Datenschutz-Gesetze geht.
Wo gibt es das Metaverse schon heute?
Schon heute schreiben sich einige Plattformen auf die Fahne, eine erste Stufe des Metaverse zu ermöglichen. Diese finden sich vor allem im Videospiel-Bereich.
Die Videospiel-Plattform Roblox besteht aus zahlreichen verschiedenen Spielen, die von Nutzerinnen und Nutzern selbst innerhalb der virtuellen Roblox-Welt gebaut werden. Innerhalb dieser Welt lassen sich Güter frei austauschen und sogar verkaufen.
Auch Fortnite - zeitweise das beliebteste Videospiel der Welt - ermöglicht Spielern mittlerweile weit mehr als sich mit anderen Spielern in Wettkämpfen zu messen. Es gibt virtuelle Vergnügungsparks, Konzerte und sogar Filmpremieren - alles in ein und demselben Programm. Es könnte ein erster Vorgeschmack auf das sein, was das Metaverse in den nächsten Jahrzehnten noch zu bieten hat.