Gesellschaftskritik und Selbstzweifel | choices - Kultur. Kino. Köln.

„Das ist nicht die Musik, die du suchst, nicht die Musik, die du brauchst. Weder Rap über Buisness-Moves, noch Motivation, kein ‚Steh wieder auf‘! Ich hab‘ keine Ahnung von Ketten und Blaulicht, keine Ahnung von Fashion und Outfits.“ Schon mit seinem ersten Song „Nicht die Musik“ macht Sänger Felix Kummer klar, dass sein Rap ohne klassische Motive wie Geld, Drogen oder Selbstdarstellung auskommt. Seit Mitte Oktober hat der Kraftklub-Frontmann sein erstes Soloalbum „Kiox“ auf dem Markt, das sich vor allem mit persönlichen Erfahrungen des Künstlers beschäftigt. „Hört jetzt rein in meinen Welthass-Selbsthass-Mix. Ein kleines bisschen Ekel ist immer dabei, wenn man Teil dieser Gesellschaft ist.“

Dass Kummer keinen Wert auf die Glorifizierung seiner Person legt, ist ein Grund für den tosenden Applaus, den er am Freitag im ausverkauften Gloria-Theater erhielt. Es war die dritte Station der „Kiox“-Tour 2019. Das Publikum, das aus „Kraftklub“-Fans, Rap-Liebhabern und Kummer-Anhängern bestand, feierte jeden der zwölf Songs überschwänglich. Die meisten hatten die Karten bereits gekauft, bevor das Album überhaupt herauskam. Dementsprechend hoch war die Erwartung: Der erste Moshpit nach 30 Sekunden zauberte auch dem Künstler auf der Bühne ein Lächeln ins Gesicht.

„Hallo, ich bin Felix, oder Kummer... Oder wie ihr wollt“, stellt er sich bodenständig vor. Generell wirkt er sehr authentisch. Jeder Song scheint tief mit ihm und seinen Ansichten verknüpft. Die Beats dazu sind basslastig und kräftig wie die Stimme des Rappers selbst. Einige Lieder wie „Wie viel ist dein Outfit wert“, in der er das Konsumverhalten reicher Jugendlicher kritisiert, haben dazu klassische Trap-Sounds.

„Das Album ist nicht so traurig, wie es sich auf den ersten Moment vielleicht anhört“, erzählt der Künstler, nachdem sich das Publikum bei „9010“ die Seele aus dem Leib geschrien hat. Es erzählt von Kummers Zusammenstößen mit einem rechten Schläger in seiner Jugend in Chemnitz, dem er als gescheiterte Persönlichkeit wiederbegegnet. Die politische Aussage hinter den Texten steht bei „Kiox“ immer wieder im Vordergrund. Und so ist es nicht verwunderlich, dass „Nazis raus“-Rufe aufkommen und durch den gesamten Saal hallen.

Der weitere Abend hat dann aber auch selbstironische Lieder zu bieten. In „Der Rest meines Lebens“ befasst Kummer sich mit dem Älterwerden und der damit aufkommenden Spießigkeit. Der Refrain kommt von der unverwechselbaren Stimme Max Raabes, im Gloria leider allerdings vom Band. „Alle Jahre wieder“ setzt dagegen die Spießigkeit in Bezug auf Weihnachtsbräuche und Verwandtschaft.

Auch wenn die Stimmlage von Kummers Rap während des gesamten Albums relativ monoton bleibt, überzeugt „Kiox“ nicht nur das Publikum im Gloria. Aber auch Kraftklub-Songs wie „Karl-Marx-Stadt“ oder „Randale“ ziehen frenetischen Jubel, Moshpits und Hip-Hop-Hände nach sich. Wie Kummer in seinem Album sagt: „Ich mach‘ Rap wieder weich, ich mach Rap wieder traurig.“ Aber vor allem zeigt er, dass Rap schon immer mehr als nur Selbstinszenierung und Angeberei war, sondern auch politische Botschaften sendet.

Am Freitag hatte das vor ihm auch schon KeKe gezeigt. Die Wiener Newcomerin war Kummers Vorkünstlerin und behandelt in ihren Rap-Texten unter anderem feministische Themen – in der Rapszene eine Seltenheit.

Kummer | 24.3. 20 Uhr | Palladium Köln | 0221 967 90

Mathis Beste

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Auf seiner Album-Release-Tour zeigt der Chemnitzer Felix Kummer, dass Rap oftmals vielseitiger ist, als es den Anschein hat.

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