Hier sind die Neuheiten der Woche im Überblick. Mit u. a. Tirzah, Illuminati Hotties, The Colorist Orchestra & Howe Gelb, Audiobooks, Strand of Oaks, The Body & Big/Brave, Ray BLK und Moritz Krämer.
Von: Angie Portmann
Stand: 30.09.2021
Tirzah – Colourgrade
Tirzah war schon immer Slowmotion. Schon „Devotion“, das Debütalbum der Londonerin, war wunderbar hypnotischer Downtempo R’n’B (und Platz 5 der Zündfunk-Albencharts im Jahr 2018). Und auch der Nachfolger „Colourgrade“ ist alles andere als hektisch. Reduzierte Beats, verwaschene Klangflächen, futuristische Samples und darüber schwebt die soulvolle, sehr intuitiv agierende Stimme von Tirzah. Minimalistisch im Text, minimalistisch im Ausdruck - und doch gehen Sätze wie „when you touch me, I‘m not my body, instinct takes place“ unter die Haut. Seit ihrem Debütalbum hat Tirzah zwei Kinder bekommen, welche Art von „instinct“ sie hier meint, überlässt sie freilich uns. „Colourgrade“ umfängt uns Hörer auf alle Fälle auf eine ganz unwiderstehliche, sehr intime Art. Fast wie bei einem ASMR-Track. Produziert hat wieder Mica Levi, besser bekannt als Micachu bzw. Frontfrau von Micachu And The Shapes, Schützling von Matthew Herbert und eine alte Schulfreundin von Tirzah. (8,2 von 10 Punkten)
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Tirzah - Tectonic (Official Video)
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Audiobooks - Astro Tough
Die Audiobooks, das sind Evangeline Ling und David Wrench. In der klassischen, mittlerweile schon etwas angestaubten Rollenverteilung: sie, die modelnde Sängerin und er, der Studio-Nerd, der schon mit Frank Ocean, The XX, Caribou und David Byrne zusammengearbeitet hat. „Astro Tough“ klingt allerdings alles andere als angestaubt. Denn die Audiobooks machen Musik für die Nacht, für wilde, weirde, intensive Nächte. Nächte, in denen reale und surreale Welten nur einen Mittelfinger voneinander entfernt sind. Genau hier setzen die irrwitzigen bis verstörenden Lyrics von Evangeline Ling an, verpassen der kompakten Elektro-Produktion von David Wrench einen genialen Twist. Und machten „Astro Tough“ zu einer fiebrigen Ode auf das Londoner Nachtleben. Fever Ray & Co. lassen grüßen. (8 von 10 Punkten)
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audiobooks - Black Lipstick (Official Video)
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Ray BLK – Access Denied
Vom sympathischen Conscious-R’n‘B zum kommerziellen Hochglanz-R’n’B. Ray BLKs Debüt „Access Denied“ ist eine klare Ansage an all diejenigen, die ihr in der Vergangenheit den Zutritt verweigert hatten, zu was auch immer. Die Zeiten sind vorbei. Ray BLK ist nicht mehr „The Lauryn Hill of the UK”, als die sie, als erste und bisher einzige ungesignte Künstlerin, die BBC-Auszeichnung „Sound of 2017“ gewonnen hat. Auch ist sie nicht die „BLK Madonna“ geworden, die sie als Teenager immer werden wollte, wie sie im Album-Opener singt. Aber sie ist mit ihrem Debüt offensichtlich genau dort angekommen, wo sie schon immer hinwollte. „I’m going to be bossy“ sagte die 27jährige Londonerin im April in einem NME-Interview. Dass diese „bossy person“ ein perfekt für den Mainstream konzipiertes Pop-Ego ist, mag ihre alten Fans enttäuschen, Ray BLK wird mit diesem sehr clever, sehr amerikanisch produzierten Album ein Vielfaches an neuen Fans dazugewinnen. Word. (7,4 von 10 Punkten)
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Ray BLK – Over You (with Stefflon Don) | Official Lyric Video
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The Colorist Orchestra & Howe Gelb – Not on the Map
Howe Gelb, the coolest cat around. Der US-amerikanische Musiker und Giant Sand-Frontmann ist offensichtlich nicht gern allein im Studio. Neben dem Colorist Orchestra hören wir auf seinem neuen Album auch die Sängerin und Songschreiberin Pieta Brown aus Iowa. Howe Gelb, der experimentierfreudige Tausendsassa, der alles kann. Mit Giant Sand Country-Rock-Opern schreiben, Americana mit Flamenco fusionieren oder, wie zuletzt, in Arizona in einer Jazzbar sitzen, den lonesome Crooner geben und zeitlos schöne Songs singen. Für sein jüngstes Album „Not on the Map“ hat er mit dem belgischen Kammerpop-Ensemble The Colorist Orchestra zusammengearbeitet. Ein Kollektiv, das auch schon mit Lisa Hannigan und Emiliana Torrini im Studio war und darauf spezialisiert ist, das Repertoire anderer Künstler neu zu interpretieren. Mit traditionellen, aber auch mit selbstgebastelten Instrumenten. Howe Gelb allerdings, der wollte lieber mit den Belgiern zusammen neue Songs schreiben als alte aufwärmen. Und so ist „Not on the map“ ein sehr spezielles Album geworden, ein Mix aus der typischen, vom Wüstensand ausgetrockneten Howe Gelb-Stimme und ambitionierten neo-klassischen Arrangements - gespielt von einem offensichtlich musikalisch sehr versierten Oktett. Das hat bisweilen moody Soundtrack-Qualitäten, manchmal könnte man damit auch vorzüglich eine schummrige Tango-Bar beschallen. Nur ganz selten macht sich ein Hauch Cheesyness breit. Aber insgesamt durchaus ein weiteres veritables Album im Gelbschen Gesamtwerk. (7,7 von 10 Punkten)
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The Colorist Orchestra & Howe Gelb - "Sweet Pretender" (feat. Pieta Brown) - Live at the AB
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Strand of Oaks – In heaven
Strand of Oaks, das ist jetzt schon seit acht Alben das Alter Ego von Tim Showalter. Der Musiker aus Indiana, der erst kürzlich nach Austin, Texas, gezogen ist, hat sich für sein neues Album „In heaven“ etliches an Verstärkung geholt. Carl Broemel und Bo Koster zum Beispiel von My Morning Jacket oder auch James Iha von den Smashing Pumpkins (der allerdings nur auf einem Song zu hören ist, auf „Easter“). Angeblich feiert Showalter mit diesem Album seine neue Nüchternheit und tatsächlich ist die Grundstimmung eine ausgesprochen optimistische, lebensbejahende. Im Gegensatz z.B. zu dem Album „Hard love“, auf dem noch etliche Bluesrock-Kracher zu finden waren. Oder „Heal“ mit seinem dunklen „New Wave“- Flair.
Stattdessen legt Showalter diesmal viel Wert auf das Songwriting, die Arrangements. Sein poppiger Folkrock könnte eventuell sogar auch Freunden der Fleet Foxes gefallen. Seinen alten Fans ist das Album jedoch vermutlich zu clean. (6,8 von 10 Punkten)
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Strand of Oaks - Somewhere in Chicago (Official Visualization)
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Illuminati Hotties - Let me do one more
Sarah Tudzin ist alles andere als eine Unbekannte in der kalifornischen Indie-Szene. Als Produzentin bzw. Toningenieurin hat sie schon mit den unterschiedlichsten Acts zusammengearbeitet, mit hippen Indie-Bands wie Porches, Weyes Blood, Amen Dunes, !!! und Slowdive, aber auch mit großen Namen wie Coldplay, Lady Gaga und Barbara Streisand. Ähnlich abwechslungsreich sind dann auch die Songs auf ihrem neuen Album „Let me do one more“. Das Spektrum der Illuminati Hotties reicht vom politisch aufgeladenen Dreampop („Threatening each other re: Capitalism“) über gutgelaunten Powerpop bis zum aufgedrehten Indie-Kracher („Pool Hopping“, „MMMOOOAAAAYAYA“). Sarah Tudzin hat jedem ihrer Songs das perfekte Outfit verpasst, egal welches Genre ihr gerade passend erschien. Am Ende steht ein eklektischer, aufregender Song-Mix von einer Musikerin, die ihren Style selbst als „tenderpunk“ bezeichnet und von der wir hoffentlich bald noch mehr hören werden. (7,8 von 10 Punkten)
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illuminati hotties - Threatening Each Other Re: Capitalism (Lyric Video)
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The Body and Big/Brave - Leaving none but small birds
Wenn zwei Metal-Bands gemeinsam ein Album aufnehmen, ist das per se nichts Ungewöhnliches. Wenn dieses Album aber dann wie ein Folkalbum, ein etwas schwerfälliges, aber eben ein Folkalbum klingt, ist das doch erstaunlich. Die beiden Metalbands von denen hier die Rede ist, sind allerdings auch keine gewöhnlichen Metalbands. The Body aus Rhode Island sind bekannt für ihre Experimentierfreude, ihre Noisekaskaden, ihren bisweilen atemberaubenden Doom Metal. Ähnliches gilt auch für die Kanadier von Big/Brave und ihren manchmal fast brutalistischen Metalansatz. Gemeinsam könnten sie vermutlich eine Konzerthalle in Schutt und Asche legen … stattdessen haben sie mit „Leaving none but small birds“ ein für ihre Verhältnisse fast zartes Doom-Folk-Album veröffentlicht, Fiddle inklusive. Folky Postrock, düster und faszinierend monoton, von einigen wenigen Gitarrenausbrüchen mal abgesehen. Call it „tendermetal“. Definitiv eine Entdeckung. (7,9 von 10 Punkten)
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Blackest Crow
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Moritz Krämer – Die traurigen Hummer
Moritz Krämer ist nicht nur mit seinem Bandprojekt Die Höchsten Eisenbahn unterwegs – er veröffentlicht auch immer wieder mal ein Soloalbum. So hat er sich vor zwei Jahren ein Doppelalbum lang über Verträge im weitesten Sinne den Kopf zerbrochen – „Die traurigen Hummer“ kratzen allerdings jetzt wieder an Krämers Lieblingsthemen, die da wären: Stadtflucht, Kinder, Depressionen und Angststörungen. Schon im Titel machen „Die traurigen Hummer“ klar, hier geht es um uns, die traurigen Hummer … „nichts, was wir tun, fällt ins Gewicht“. „Und jeder muss kucken, wo er bleibt“. Moritz Krämer droppt haufenweise Sätze wie diese… trostlose, komische, berührende Sätze. Verpackt in fluffige Popsongs, üppig mit Streichern garniert und melancholisch abgehangen. (7,6 von 10 Punkten)
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Moritz Krämer - Die traurigen Hummer
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